Das Thema „Innere Heilung - Weg aus der Sucht heraus“ deutet schon an, dass Sucht nicht nur bedeutet, dass man den Körper mit irgendwelchen Substanzen vergiftet und beim Absetzen dieser Substanzen körperlichen Stress erleidet, sondern Sucht hat es ganz oft mit psychischen Defiziten und Verwundungen zu tun. In der Regel sind die ersten Zigaretten, die ersten Gläser Alkohol und besonders auch das Rauchen und Spritzen illegaler Drogen ja nicht gerade das überwältigende Geschmackserlebnis, das nach Wiederholung schreit. Es sind die Wirkungen auf die innere Gefühlswelt, die jemanden dazu bringen, trotz aller bekannter Gefahren für Körper, Geist und Seele, sich den Suchtstoff weiter zuzuführen. Am Anfang der Sucht glaubt fast jeder, die ideale Therapie für die eigenen psychischen Zwangslagen gefunden zu haben und erlebt eine scheinbare Befreiung von psychischen  Spannungszuständen. Diese Illusion hält allerdings nicht lange an. Nicht nur, dass sich die ursprünglichen seelischen Verletzungen natürlich nicht in lauter Wohlgefallen auflösen, sondern mit unverminderter Stärke weiter bestehen, sobald die Wirkung des Suchtmittels nachlässt, sondern es kommt nun neben der körperlichen Abhängigkeit die psychische Abhängigkeit hinzu. Das heißt, wenn das Suchtmittel fehlt, macht sich ein alles bestimmendes Gefühl der Leere, der Schwere, der Ruhe- und Rastlosigkeit, der Freudlosigkeit, der Sinnlosigkeit, der Antriebslosigkeit breit, kurz es kommt zur Depression. Das ist der eigentliche Grund, warum so viele Süchtige, nachdem sie die körperlichen Entzugssymptome schon längst überwunden haben, doch wieder rückfällig werden. Mein Schwager hat es einmal so formuliert: „Die Sucht ist eine Brücke, die aus der Einsamkeit heraus hinüber in die nächste führt.“

In einem Artikel der Zeitschrift idea spektrum v. 31.05.06 wird u.a. ausgeführt, dass seelische  Krankheiten so sehr zunehmen,

  • dass mittlerweile jeder 3. Fall von Erwerbsunfähigkeit nicht auf körperliche, sondern auf seelische Leiden zurückzuführen ist,
  • dass mittlerweile jeder 3. Fall von Erwerbsunfähigkeit nicht auf körperliche, sondern auf seelische Leiden zurückzuführen ist,
  • dass laut dem DAK-Gesundheitsreport 2005 die Anzahl der psychischen Erkrankungen von 1997-2004 (also innerhalb von nur 7 Jahren!) um 70 % angestiegen sind.
  • Besonders die Depression hat sich zu einer globalen Volkskrankheit entwickelt, so dass die WHO davon ausgeht, dass bis zum Jahr 2020 die Depression die Ursache für jede 2. seelische Behinderung sein wird.

Der Artikel, aus dem diese Angaben entnommen sind, wurde überschrieben mit: „Moderne Gesellschaft tut der Seele nicht gut!“ Zu dieser, unserer so modernen Gesellschaft hat Gottes Wort Folgendes zu sagen: Im 1. Brief an die Römer schreibt Paulus: „Weil die Menschen es für unnötig hielten, nach Gott zu fragen und ihn ernst zu nehmen, hat Gott sie ihrem untauglich gewordenen Verstand überlassen, so dass sie tun, was sich nicht gehört. Jede Art von Unrecht und Schlechtigkeit häuft sich bei ihnen. Sie sind voll Gier, Gehässigkeit und Neid. Sie morden, streiten und betrügen. Sie stellen einander Fallen, sie reden gehässig über ihre Mitmenschen und bringen sie in schlechten Ruf. Sie hassen Gott. Sie sind gewalttätig, überheblich und prahlerisch. Sie denken sich immer neue Untaten aus. Sie gehorchen ihren Eltern nicht und folgen nur der eigenen Willkür. Sie halten ihre Versprechen nicht, sie kennen weder Liebe noch Erbarmen. Dabei wissen sie genau, dass alle, die so leben, nach dem Urteil Gottes den Tod verdienen. Trotzdem bleiben sie dabei und haben auch noch Wohlgefallen an denen, die so etwas tun.“ Gerade die Wahrheit der zweiten Hälfte des letzten Satzes wird uns ja tagtäglich durch unser Fernseh- und Kinoprogramm, unsere Videos und Computerspiele vor Augen geführt.

Das heißt doch, dass wir in einer Welt leben, in der es normal ist, dass Menschen sich gegenseitig verletzen und krank machen. Verletzte und kranke Menschen verletzen sich und andere Menschen und machen sich und andere krank. Solche Menschen sind wir selbst, sind unsere Eltern, unsere Geschwister, unsere Freunde, unsere Lehrer, unsere Politiker und Staatsoberhäupter, unsere Polizisten ... .      Bei uns in Papenburg steht gerade ein Polizist vor Gericht, weil er in den letzten Jahren mehrere Supermärkte mit seiner Dienstwaffe überfallen und ausgeraubt haben soll. Das war ein ganz beliebter und anerkannter Mensch in Papenburg, nicht nur Polizist, sondern auch CDU-Stadtratsmitglied und Fußballjugendtrainer. Seine Schulden waren ihm einfach über den Kopf gewachsen. - Oder ein anderes Beispiel: Eine Richterin in Papenburg, bislang zuständig für Verkehrssachen, die vielen sogenannten „Alkoholsündern“ den Führerschein entzogen hat, wurde am helllichten Mittag mit mehr als 2 Promille Alkohol am Steuer ihres Autos gestoppt. Dieser Promillegehalt zeigt, dass das kein Ausnahmezustand gewesen ist, sondern dass sie daran gewöhnt war, viel Alkohol zu trinken. Seit diesem Vorfall ist sie krank geschrieben. Ich weiß nicht, mit welcher Diagnose, aber ich könnte mir als Ursache gut Depression vorstellen. Das gesamte Welt-, Menschen- und Selbstbild dieser beiden Menschen ist auf einen Schlag zerbrochen. Ausgerechnet sie, die schon von Berufs wegen wussten, welches Verhalten richtig ist und welches bestraft werden muss, finden sich auf einmal in einer Situation wieder, in der sie, scheint’s, nachvollziehbare Gründe gehabt haben, so zu handeln, wie sie es eigentlich nicht hätten tun dürfen, und wie sie es lange hinter der Fassade von ehrbaren und wohlanständigen Bürgern haben verbergen können.

 

Ich habe diese Beispiele angeführt, um klar zu machen, dass es sich auch bei meiner Lebensgeschichte nicht um etwas Besonderes handelt. Ich bin nicht schlimmer verletzt worden als andere. Ich möchte meine Geschichte hier nicht als einzigartig hinstellen und darüber jammern, wie schlecht es mir ergangen ist. Auf der anderen Seite möchte ich aber auch nichts verharmlosen oder verdrängen. Das, was auf der Erde passiert, was wir Menschen gegenseitig mit uns anstellen, ist schrecklich. Es ist schrecklich normal. Unsere Erde ist einfach so. Und deshalb brauchen wir alle Gott und Seine Erlösung durch Jesus, damit wir frei werden von den Lasten, die auf unserer Seele liegen und die uns zu einem uns selbst und andere zerstörenden Lebensstil führen.

Meine Lebensgeschichte steht in ihren Grundzügen auch in der Bibel, und zwar im Lukas-Evangelium, Kapitel 10. Dort steht das Gleichnis vom barmherzigen  Samariter. Ein Mensch zog von Jerusalem herab, fiel unter die Räuber und wurde von diesen nackt und halb tot geschlagen liegen gelassen. Einige Leute gingen vorüber ohne zu helfen, bis der barmherzige  Samariter kam, ihn aufhob, seine Wunden mit Öl und Essig behandelte, ihn auf sein eigenes Reittier hob und in eine Herberge brachte. Dort übergab er ihn der Obhut des Gastwirtes und versprach, ihm alles weitere, was dieser für die Pflege des Verletzten aufwenden müsste, zu erstatten, wenn er wiederkäme.

Mein Jerusalem war eine nach außen gutbürgerliche, ehrbare, katholische Familie mit einem arbeitenden Vater, einer Mutter, die wegen ihrer Kinder ihren Beruf aufgab und zu Hause blieb sowie 4 Kinder, 2 Jungs + 2 Mädchen, also nach außen eine richtige Bilderbuchfamilie. Die Räuber, unter die ich fiel, waren Nikotin, Alkohol, illegale Drogen wie Haschisch und LSD, Rockmusik, Diskotheken und sogenannte freie Sexualität. Diese Räuber verursachten in mir eine tiefe Depression, die mich ständig mit nur einem einzigen Gedanken herum laufen ließ: „Ich bin nichts, ich kann nichts, ich bin ein seelischer Krüppel, ich bin nichts weiter als ein tiefes schwarzes Loch. Ich gehöre nirgendwo dazu, ich bin unfähig, mit den Menschen Kontakt aufzunehmen“. Es war, als wäre ich ein Autist. Ich hörte die Menschen reden, ich konnte die Worte verstehen, aber ich konnte sie nicht einordnen, ich wusste nicht, wie zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren. Ich konnte nicht reden. Es gab Zeiten, in denen ich völlig verstummt war. Es war, als wäre ich ein Alien, von einem anderen Stern, gänzlich isoliert. Das führte zu einem Selbstmordversuch. Eigentlich wollte ich mich nicht umbringen, ich wollte einfach nur Ruhe haben vor diesen Gedanken, diesen Stimmen, die ununterbrochen sagten: „Du bist nichts, du kannst nichts, du bist ein seelischer Krüppel, nichts als ein tiefes schwarzes Loch“...

Dann begegnete mir mein barmherziger Samariter, mir begegnete Jesus. Ich war in einer kleinen christliche Versammlung in Oldenburg, in der Hans-Peter Grabe  eine Predigt über den Sohn Gottes hielt, der gekommen war, um das Verlorene zu suchen und zu retten. „Verloren“, das war das richtige Stichwort für mich. Das entsprach voll und ganz meinem inneren Gefühl. Ich war verloren und brauchte Rettung. Diese Worte waren wie ein Rettungsring für mich und Balsam für meine Wunden. Sie waren der Anfang meiner Rettung und Heilung. Viel später brachten dann weitere Predigten und persönliche Seelsorgegespräche wie der Essig in dem Gleichnis, auch Desinfizierung und Reinigung der Wunden und somit weitere Heilung.

Die Herberge in dem Gleichnis wurde für mich unter anderem die Gemeinde in Leer-Loga,  deren Mitglieder Gott gebrauchen konnte, um mich heil werden zu lassen.

Besonders dankbar bin ich dafür, dass in dem Gleichnis steht, dass der barmherzige Samariter, wenn er wiederkommt, dem Wirt der Herberge alles weitere erstatten wird, was dieser noch für die Pflege des Verletzten aufwenden muss. Ich bin dankbar, dass Gott es allen in der Gemeinde vergelten wird, die durch ihre Gebete, ihren Zeitaufwand, ihre Geduld und Ihr Mittragen und ihr nicht nachlassendes Hoffen und Lieben zur Heilung meiner kaputten Seele beigetragen haben. Ich selbst könnte das ja nie vergelten.

Angefangen zu rauchen habe ich mit 14 Jahren. Das war keine besondere Sache, eher eine Selbstverständlichkeit. Die erste selbst gerauchte Zigarette fühlte sich an wie „Nachhause kommen“, es vermittelte mir ein Gefühl von etwas Vertrautem, lange Gekanntem, es roch und schmeckte nach „Heimat“. Meine beiden Eltern rauchten nämlich. Überall bei uns im Haus lagen Zigaretten herum. Ich erinnere mich an stundenlange Autofahrten, wenn wir 4 Kinder mit unseren Eltern unterwegs waren, um meine Großeltern zu besuchen, und beide Eltern rauchten vorn im Auto ununterbrochen. Damals waren die gesundheitlichen Schäden, die durch das Rauchen verursacht werden, im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht so präsent wie heute und wurden auch willentlich verschwiegen. Es gab zum Beispiel Fernsehdiskussionen, in denen Gutachter, die von der Tabakindustrie bezahlt waren, nicht nur vehement bestritten, dass Rauchen süchtig macht und tödlich ist, sondern sie griffen die Leute, die vor dem Rauchen warnten, auch persönlich an, diffamierten sie und machten sie lächerlich.

Nun, meine Eltern versuchten natürlich, uns Kinder vom Rauchen abzubringen, mit dem Argument, dass das, was für Ältere nicht so schädlich ist, für Kinder sehr schädlich ist, aber dieses Argument hatte keine Durchschlagskraft. Sie versuchten es dann mit einer sogenannten progressiven Erziehungsmethode, indem sie meinen Bruder und mich veranlassten, eine Zigarre zu rauchen in der Hoffnung, dass es uns dadurch so schlecht würde, dass wir jeden Gedanken ans Rauchen aufgeben würden, aber das Gegenteil war der Fall. Sie hatten nicht eingeplant, dass wir ja durch das passive Rauchen schon von Geburt an an das Nikotin gewöhnt und dementsprechend abgehärtet waren. Uns wurde also nicht schlecht und im Anschluss an die Zigarre ging ich aufs Klo und besiegelte meine weitere Raucherkarriere dadurch, dass ich erst mal eine anständige Zigarette rauchte. Damals bekam ich für 1 einzige DM eine Schachtel mit 13 Zigaretten. Es dauerte nicht lange, und ich rauchte 40-80 Zigaretten am Tag, mit Filter, ohne Filter, fertige oder selbst gedrehte.

Meine Mutter war nicht nur Raucherin, sondern auch Alkoholikerin (heute ist sie, wie die AA sagen, eine sog. trockene Alkoholikerin und hat ihre Geschichte schon oft erzählt). Außerdem war sie in ihrem Beruf als Krankenschwester auch mit Morphium in Berührung gekommen, so dass ich, als ich als 7-Monats-Kind zur Welt kam, gleich den ersten Entzug hatte. Bevor sie schwanger wurde, hatte sie große Träume, sie wollte in die Entwicklungshilfe gehen. Stattdessen fand sie sich nun, gerade 23-jährig, verheiratet und mit 4 kleinen Kindern (die beiden letzten waren Zwillinge) zu Hause, vom Leben abgeschnitten, wieder. Sie fühlte sich völlig überfordert mit den 4 Kindern und einem Ehemann, der ständig im Dienst war und fast nie zu Hause. Und sie sagt noch heute, dass sie mit Kindern einfach nicht umgehen kann. Sie war das, was man eine Quartalstrinkerin nennt, das heißt, sie konnte wochenlang an allen Regalen im Supermarkt mit Spirituosen ohne große Anstrengung vorbei gehen, bis dann doch wieder eines Tages, ohne vorhersehbaren Grund, sie einen unwiderstehlichen Reiz auf sie ausübten, sie sich den Alkohol kaufte und sich dann völlig betrank. Ihr könnt euch vorstellen, welch einen bedrohlichen und überhaupt nicht einzuordnenden Eindruck eine außer Kontrolle geratene, wild gestikulierende und unverständlich lallende Mutter auf ein Kleinkind macht. Eine Erinnerung ist mir unvergessen: Meine Mutter steht, um Gleichgewicht bemüht, vor mir mit einem Furcht erregenden Gesichtsausdruck und fuchtelt wild mit einem großen Brotmesser herum. Auf meine ängstliche Frage, dass sie mir damit doch nichts tun werde, antwortet sie nicht „nein“, sondern: „Ich könnte es“. Ein anderes Mal sagte sie zu mir: „Du bist ein Findelkind. Du gehörst gar nicht in unsere Familie“. Wenn mein Vater nach Hause kam, gab es natürlich viel Geschrei, versteckte Flaschen wurden gesucht und im Spülbecken ausgeleert, manchmal schlug mein Vater meine Mutter aus lauter Ohnmacht, weil er nicht wusste, wie er sie dazu bringen konnte, mit dem Trinken aufzuhören. Schließlich kam er auf die Idee, weil er Arzt war, die Alkoholsucht seiner Frau mit Tabletten zu kurieren. So schickte er sie dann jedes Mal, wenn sie wieder getrunken hatte, für einige Tage in einen Dauerschlaf in der Hoffnung, wenn sie dann daraus erwachte, dass der Suchtdruck vorüber sein würde. Das war er dann auch, jedoch nie für lange. Das, was dann schließlich dabei heraus kam, war, dass meine Mutter jetzt nicht nur alkoholsüchtig war, sondern auch tablettenabhängig. Ich habe heute noch die geöffnete Hand meiner Mutter vor Augen, in die sie mit der anderen gleich mehrere Valium-Tabletten aus einem Döschen hineinschüttete und sie dann mit Wasser herunterschluckte.

Diese Phasen des Dauerschlafs waren Erholungszeiten für uns Kinder. Dann kam meine Oma aus ihrem Heimatort angefahren und versorgte uns. Ich habe meine Oma von Herzen geliebt und war jedes Mal todtraurig, wenn sie wieder wegfuhr. Sie war eine sehr sanftmütige und herzensgute Person, und ist noch heute mein Vorbild, was Langmut, Geduld und Sanftmut angeht.

Wenn sie wieder weg war, fingen die Zeiten der Anspannung für uns Kinder wieder an. Denn ein Alkoholiker ist auch dann, wenn er nüchtern ist, nicht normal im Umgang mit seinen Mitmenschen. Selbst dann, wenn er nüchtern ist, muss sich immer alles um ihn und seine jeweiligen Stimmungen drehen. Er projiziert seine eigenen Gefühle und Gedanken auf die Menschen seiner Umgebung, und wenn sie dann andere Gedanken oder Gefühle äußern, oder sich anders verhalten als wie er es erwartet, nimmt er das als persönlichen Affront. Als von einem Alkoholiker abhängiges Kind hast du keine Chance, jemals eigene Gefühle, Gedanken oder Wahrnehmungen zu entwickeln geschweige denn zu äußern, ohne dich hinterher schuldig und zutiefst unsicher und irritiert zu fühlen. Es war, als wenn ich in einer Zwangsjacke steckte. Ich wusste nie, wie ich gerade mit meiner Mutter dran war. Dieses Gefühl ist das vorherrschende Lebensgefühl meiner Kindheit gewesen und hat sich in der Folgezeit auf alle anderen Beziehungen übertragen. Lange Zeit habe ich bei Begegnungen mit Menschen keinerlei Vertrauen entwickeln können, habe nie geglaubt, dass ich bei der nächsten Begegnung da weitermachen könne, wo wir aufgehört hatten. Ich war immer auf der Hut, immer innerlich distanziert und der festen Überzeugung, bei jeder weiteren Begegnung wieder bei 0 anfangen zu müssen. Das Ausmaß dieser Störung wird zum Beispiel daran ersichtlich, dass ich mich erst 5 Jahre nach meiner Hochzeit getraut habe, meine Schwiegermutter zu duzen. Nicht, weil ich sie nicht kannte oder weil sie so furchterregend war oder unfreundlich zu mir gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Aber in mir war solch eine Furcht, dieser Ausdruck der Nähe und Vertraulichkeit könnte zurückgewiesen werden, dass ich erst mit der Geburt unseres ersten Kindes (und da war ich schon 6 Jahre zu Jesus bekehrt) im Vertrauen auf Gottes Kraft in mir mich traute, diese Hürde zu überspringen.

 

Wenn sie wieder weg war, fingen die Zeiten der Anspannung für uns Kinder wieder an. Denn ein Alkoholiker ist auch dann, wenn er nüchtern ist, nicht normal im Umgang mit seinen Mitmenschen. Selbst dann, wenn er nüchtern ist, muss sich immer alles um ihn und seine jeweiligen Stimmungen drehen. Er projiziert seine eigenen Gefühle und Gedanken auf die Menschen seiner Umgebung, und wenn sie dann andere Gedanken oder Gefühle äußern, oder sich anders verhalten als wie er es erwartet, nimmt er das als persönlichen Affront. Als von einem Alkoholiker abhängiges Kind hast du keine Chance, jemals eigene Gefühle, Gedanken oder Wahrnehmungen zu entwickeln geschweige denn zu äußern, ohne dich hinterher schuldig und zutiefst unsicher und irritiert zu fühlen. Es war, als wenn ich in einer Zwangsjacke steckte. Ich wusste nie, wie ich gerade mit meiner Mutter dran war. Dieses Gefühl ist das vorherrschende Lebensgefühl meiner Kindheit gewesen und hat sich in der Folgezeit auf alle anderen Beziehungen übertragen. Lange Zeit habe ich bei Begegnungen mit Menschen keinerlei Vertrauen entwickeln können, habe nie geglaubt, dass ich bei der nächsten Begegnung da weitermachen könne, wo wir aufgehört hatten. Ich war immer auf der Hut, immer innerlich distanziert und der festen Überzeugung, bei jeder weiteren Begegnung wieder bei 0 anfangen zu müssen. Das Ausmaß dieser Störung wird zum Beispiel daran ersichtlich, dass ich mich erst 5 Jahre nach meiner Hochzeit getraut habe, meine Schwiegermutter zu duzen. Nicht, weil ich sie nicht kannte oder weil sie so furchterregend war oder unfreundlich zu mir gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Aber in mir war solch eine Furcht, dieser Ausdruck der Nähe und Vertraulichkeit könnte zurückgewiesen werden, dass ich erst mit der Geburt unseres ersten Kindes (und da war ich schon 6 Jahre zu Jesus bekehrt) im Vertrauen auf Gottes Kraft in mir mich traute, diese Hürde zu überspringen.

Als ich dann Teenie war, wurde mir natürlich klar, dass meine Mutter trank. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meiner Familie innerlich gekündigt. Sie interessierte mich nicht mehr. Wenn meine Mutter jetzt einen Trinkanfall hatte, war sich sogar froh. Denn dann konnte sie mich nicht kontrollieren, und ich konnte machen, was ich wollte. Ich hatte nämlich eine neue Heimat gefunden, und zwar die Diskotheken mit ihrer Musik. Gleich das erste Mal, als ich einen Song der sogenannten Rockmusik hörte, war ich in ihren Bann geschlagen. Ich lebte nur noch dafür, erst nachmittags und später auch abends in die Diskothek zu gehen, die Musik zu hören und zu tanzen. Die Atmosphäre in der Diskothek kam mir entgegen. Ich war mitten unter Menschen, aber die innerliche Distanz zu ihnen wurde nicht sichtbar. Die zwischenmenschliche Kommunikation funktionierte auch ohne Reden, sie ging durch einfache Rituale wie Tanzen, Rauchen, Trinken und dann auch Kiffen und LSD-Schlucken vonstatten. Auf der Tanzfläche hatte ich keinerlei Hemmungen. Ich konnte stundenlang tanzen und mich nur durch Gesten und Augenkontakt mit den Menschen um mich herum verständigen. Die Leute, die illegale Drogen konsumierten, fand ich klasse. Sie schienen so cool zu sein, nichts konnte sie irritieren. Sie schienen über den Dingen zu stehen. So wollte ich auch werden. Und so stürzte ich mich mit voller Kraft voraus in dieses Nachtleben. 

Obwohl ich dadurch im letzten Schuljahr mehr Schultage versäumte als in den 12 vorangegangenen Jahren, machte ich noch mein Abitur und ging dann nach Münster zum Studium. Offiziell war ich dort 2 Semester lang eingeschrieben, aber bereits nach 2 Wochen ging ich gar nicht mehr in die Uni. Es wurden nämlich die ersten Arbeitsgruppen gebildet und Referate verteilt, da es mir aber unmöglich war, vor Leuten zu reden, hab ich gleich das Handtuch geworfen. Anstatt dessen lebte ich nachts, ging in die Diskotheken und kam jeden Morgen erst im Morgengrauen nach Hause, abgefüllt mit Alkohol, Nikotin, Haschisch und oft auch LSD. Dieser Lebensstil wurde für die nächsten Jahre bestimmend für mein Leben. Tagsüber kriegte ich überhaupt nichts geregelt, ich schlief bis in die Puppen und lebte nur dafür, abends wieder ins Nachtleben zu entfliehen. Wie chaotisch und orientierungslos es innen in meiner Seele ausgesehen hat, illustriert vielleicht folgende Begebenheit: Ich hatte meinen Schlüssel in meinem Appartement vergessen und holte einen Schlosser, um wieder reinzukommen. Der machte das Schloss auf, schaute sich völlig verwundert um und sagte: „Fräuleinchen, bei Ihnen haben sie wohl eingebrochen“, denn mein Zimmer war ein einziges Chaos voller Kippen, Asche, Klamotten, ungespültes Geschirr, Bücher, Zeitungen, alles auf dem Boden, nichts aufgeräumt, keinerlei Ordnung. Damals wusste ich jedoch überhaupt nicht, was er meinte und antwortete: „Bei mir sieht das immer so aus!“ Ja, so sah es bei mir sowohl äußerlich wie auch innerlich aus!

Durch das Alkoholtrinken hatte ich viele sog. Filmrisse. Oft wusste ich beim Aufwachen gar nicht, wie ich nach Hause gekommen war, was alles so an dem Abend abgelaufen war. Manchmal waren die Ereignisse auch lustig. Ich erinnere mich an eine Fahrt von einer Diskothek nach Hause am Küstenkanal entlang, und ich musste dringend aufs Klo. Der Fahrer hielt, und ich kletterte so eine Art Hügel hinauf und plumps, stand ich bis zum Hals in einem Entwässerungsgraben. Eine Freundin war auch in dem Auto und hörte mein Schreien. Hilfsbereit, wie sie war, stieg sie aus dem Auto, mir hinterher, und da es stockduster war, plumps, lag sie auch in dem Graben. Joe saß auf dem Weg zwischen uns auf dem Rücksitz, und bis wir endlich zu Hause waren, war er dann auch genauso klitschnass wie wir beide.

Doch aus den eher lustigen Ereignissen wurden gefährliche. Ich erinnere mich an einige Monate, die ich in Zürich verbracht habe. Meine Eltern hatten mich nach dem Desaster in Münster dort an einer Dolmetscherschule angemeldet und ich wohnte in einem Mädchenwohnheim. Es lief der gleiche Film ab wie in Münster. Die Menschenfurcht und die Unfähigkeit zu reden ließ mich wiederum nach kurzer Zeit nicht mehr zum Dolmetscherinstitut gehen, sondern stattdessen zog es mich nachts in das sog. Niederdorf, wo sich das Nachtleben in Zürich abspielte. Dort bekam die Fahrt auf der schiefen Bahn richtig Tempo. Weit ab von zu Hause war ich jeden Abend betrunken und bekifft und wachte jeden Morgen bei jemanden anders auf. Da ich einerseits nicht allein sein konnte, aber andererseits auch die Nähe zu Menschen fürchtete, war das für mich die einzige Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu treten. Dabei hatte ich überhaupt kein schlechtes Gewissen. Die sexuellen Botschaften in der Rockmusik hatte ich völlig verinnerlicht. Es gab einen Satz zu der Zeit damals, der hieß: „If you can’t be with the one you love, love the one you’re with“, auf Deutsch: „Wenn du nicht mit dem zusammen sein kannst, den du liebst, liebe einfach den, mit dem du gerade zusammen bist“. Und mit lieben war natürlich sexuelle Liebe gemeint. Wir glaubten damals ja wirklich, dass ungehemmte Sexualität frei macht.

In der Bibel heißt es einmal, dass ein Vater bei Jesus Hilfe sucht für seinen Sohn, den ein Dämon mal ins tiefe Wasser und mal ins Feuer schleudert. Durch das Betrinken und Bekiffen hatte ich die Kontrolle über mein Verhalten abgegeben, so dass der Teufel anfing, darum zu kämpfen,  mein Leben zu zerstören. Waren es anfangs noch nette und sympathische Menschen, Menschen,  die im Leben zurecht kamen, mit denen ich die Nächte verbrachte, wurden es jetzt zunehmend Psychopathen und gewalttätige Menschen bis hin zu  Zuhältern. Das schlimmste Ereignis in dieser Zeit war eine Nacht, in der ich mit einem Mal aus meinem Rausch wieder zur Besinnung kam und mich einige Kilometer entfernt von Zürich in einem verfallenen Gebäude wiederfand, zusammen mit 50 Hells Angels, in einem Kreis sitzend. In diesem Moment schoss mir im Bruchteil von Sekunden durch den Kopf: „Wenn du jetzt auch nur den geringsten Anflug von Panik zeigst, dann war’s das für dich, dann werden sie alle über dich herfallen“. Aber nicht nur der Teufel kämpfte dort um meine Seele, sondern auch Gott war dort mit mir und hat mich beschützt. Er hat mich ganz cool reagieren lassen. Ich saß neben dem Anführer und fragte ihn, ob er die anderen denn nicht wegschicken könne. Er verneinte und sagte, dass wir uns in dem Clubraum der Hells Angels befinden würden. Dann fragte ich ihn, ob er denn nicht auch ein eigenes Zimmer hätte, in das wir gehen könnten. Er bejahte, verließ mit mir den Raum und brachte mich in sein Zimmer, wo ich dann die Nacht verbrachte. Die ganze Gang fuhr irgendwo zu einem Überfall in die Nacht hinaus. Am nächsten Morgen brachten sie mich zwar nicht nach Zürich zurück, ließen mich aber ungehindert gehen und so trampte ich zurück, eine Frau nahm mich mit.

Nach diesem Vorfall wechselte ich mein Stammlokal, und konnte auch durch noch so viel Alkohol- und Haschischkonsum die Gefährlichkeit dessen, was ich dort tat, nicht mehr verdrängen. Hier in Zürich trat neben dem Teufel aber doch auch Gott ganz deutlich auf den Plan. Es war hier, kurz bevor ich wieder nach Deutschland zurück ging, dass ich von einer Gruppe Christen angesprochen wurde und sie mir versuchten, das Evangelium zu erklären. Trotz meiner katholischen Erziehung verstand ich überhaupt nicht, was sie mir erzählten. Ich wusste einfach nicht, was mit Sünde gemeint war und verstand nicht, wieso ich Erlösung von meinen Sünden brauchte. Das einzige, was hängen blieb, war der Name Jesus.

Der Anfang vom langen Ausstieg aus der Sucht begann anschließend in Oldenburg. Joe wollte mich eigentlich zum neuen Semester nach Zürich zurückbringen. Doch in Lingen war unsere Fahrt zu Ende. Das Auto ging kaputt und wir gaben all unser Geld für Alkohol und Drogen aus. So ging ich mit ihm nach Oldenburg, wo er gerade studierte und ließ mich auch dort einschreiben. Meine Beziehung zu Joe lief während der ganzen Zeit wie in einer Parallelwelt ab. Sie hatte begonnen, als ich 14 war. Ich hatte mich gleich beim ersten Sehen in ihn verliebt. Und trotz aller seiner Drogeneskapaden und Einweisungen ins Landeskrankenhaus und trotz aller unserer Trennungen und seiner sowie meiner kurzlebigen Beziehungen zu anderen hatte Gott unsere Beziehung doch irgendwie in unseren Herzen bewahrt. Joe war der erste Mann in meinem Leben und auch die große Liebe meines Lebens. Daran hat aller Schmutz, der hinterher kam, nichts geändert.  Trotzdem kam es dann in Oldenburg während des Zusammenlebens mit Joe zu dieser Depression mit dem anschließenden Selbstmordversuch. Der Teufel ließ einfach nicht locker. Obwohl ich Joe wirklich von Herzen liebte, machte es mir meine innere Verfassung unmöglich, anders als nachts zu leben mit Alkohol und Drogen. Es war das gleiche wie vorher. Ich stand den Menschen, die sich so zwanglos unterhalten konnten und es stundenlang miteinander aushielten, völlig hilflos gegenüber und wusste einfach nicht, wie sie es zustande brachten. Die Zwangsjacke, die ich als Kind verspürte, wurde durch den Drogenkonsum nicht gelockert, sondern im Gegenteil, immer fester gezurrt, so dass ich mir am Ende nicht mehr anders zu helfen wusste, als die schrecklichen Stimmen mit dem Versuch, mich umzubringen, zum Schweigen zu bringen.

Doch 2 Tage vorher hatte ich auch Gottes Stimme, wie anfangs schon erwähnt, durch Hans-Peter Grabe gehört und noch während ich die Tabletten schluckte, betete ich innerlich: „Lieber Gott, sei mir nicht böse, aber ich kann einfach nicht mehr!“ So paradox es scheint, aber dieser Selbstmordversuch war ein Ausdruck des Vertrauens zu Gott. Ich wollte mein Leben einfach Ihm übergeben, denn ich konnte nicht mehr. Dann wartete ich darauf, dass ich einschlief. Aber anstatt dessen bekam ich fürchterliche Angst, ich fühlte mein Herz unregelmäßig schlagen und vor lauter Panik ließ ich mich dann von meinem Zimmernachbarn ins Krankenhaus bringen. Dort bekam ich einen widerlich dicken Schlauch in den Hals gesteckt, durch den man mir literweise Salzwasser einflößte, so dass ich den ganzen Mageninhalt erbrach und dann selig 3 Tage und Nächte durchschlief. Als ich aufwachte, wusste ich innerlich ganz sicher, dass etwas Neues in meinem Leben angefangen hatte, etwas Hoffnungsvolles. Zum ersten Mal im Leben fühlte ich mich nicht mehr allein. Ich wusste, Gott war in mein Leben getreten, Er hatte meinen Hilfeschrei gehört und es würde sich alles ändern. Das Gefühl der Sinnlosigkeit des Lebens war völlig verschwunden. Ich hatte zwar keine konkrete Idee, wie sich alles ändern sollte, aber ich wusste ganz genau, Gott weiß es und Gott kann alles. Diese Zuversicht, die ich ausstrahlte, überzeugte auch den Arzt, der mich erst routinemäßig in ein Landeskrankenhaus einweisen wollte, es dann aber unterließ. Ein kleines Pflänzchen auf einer riesigen Müllhalde hatte begonnen sich nach dem Licht auszustrecken. Dieses Pflänzchen sollte wachsen und groß werden, auch wenn die meisten Menschen in den nächsten Jahren nur die Müllhalde sehen sollten.

Gott hatte viel mit mir zu tun. Er fing ganz sachte mit den äußeren Lebensumständen an, indem ich ein einjähriges Praktikum in einem Behindertenheim machte. Ich konnte kaum glauben, dass das Leben wirklich tagsüber ablief, das es tatsächlich viele Menschen gab, die tagsüber unterwegs waren und tagsüber miteinander lebten. Das Arbeiten in dem Behindertenheim kam mir entgegen, weil diese Menschen auch nicht reden konnten. Die Kommunikation lief auch hier nur über Körper- und Blickkontakte ab. Durch dieses Jahr konnte ich mich so einigermaßen wieder an ein geregeltes Leben gewöhnen, auch wenn es für die anderen noch nicht so aussah. Ich war sehr unzuverlässig, weil ich immer noch an vielen Abenden in die Diskothek tanzen ging und trank und Drogen konsumierte. Deswegen fehlte ich oft und die Leitung wollte mich mehr als einmal rausschmeißen. Nur die Rücksicht auf meinen Vater und seinen Ruf hat sie wohl daran gehindert. Die nächste äußere Station war eine Ausbildung in Düsseldorf. Meine Eltern bezahlten mir ein Zimmer wiederum in einem Mädchenwohnheim, in dem ich auch verpflegt wurde und gaben mir genau abgezähltes Taschengeld im Monat. Es reichte für 1 Schachtel Zigaretten täglich und 2-3 mal monatlich eine Tasse Kaffee irgendwo. So wollten meine Eltern mich dabei unterstützen, keinen Drogen- und Alkoholexzessen mehr zu frönen. Die gab es trotzdem noch, mittlerweile hatte ich mir widerliche Bettel- und Schnorrmethoden angeeignet, um an die Drogen und den Alkohol zu kommen. Jetzt aber passierte das nur wenige Male im Monat und auch nicht mehr so, dass ich nicht mehr bei Verstand war, sondern jetzt sah ich zu, dass ich immer noch gerade rechtzeitig nach Hause kam. Gott hatte nämlich zu mir durch sein Wort gesprochen, und zwar durch den 1. Korinther-Brief, Kapitel 10, Vers 8, in dem es heißt, dass Gott wegen der Unzucht der Kinder Israel 23.000 Leute sterben ließ. Dieser Vers brachte mir zum ersten Mal zu Bewusstsein, dass Gott diese propagierte freie Sexualität nicht gut heißt und dass ich mich hier entscheiden musste, entweder Gott und seinem Wort zu glauben oder meinen Zeitgenossen. Gleichzeitig lernte ich eine katholische charismatische Gemeinschaft kennen, zu der ich zugegebenermaßen nicht sehr oft ging, aber wenn ich dort war, beteten sie immer für mich und segneten mich. Auch ging ich mal zum Jesus-Center in Düsseldorf zu einem Vortrag über Israel. Nach dem Vortrag kam eine junge Frau auf mich zu und fragte mich, ob ich denn auch schon zu Jesus bekehrt sei. Das hat mich so erschreckt, denn an meinem Zurückweichen vor Menschen hatte sich noch nicht viel geändert, so dass ich dort nie wieder hingegangen bin. Doch hatten sie dort einen Buchladen, in dem ich mir ein Buch gekauft habe, dass die Lebensgeschichte von Susan Atkins erzählt. Sie war ein Mitglied der Charles-Manson-Familie, die damals unter dem Einfluss von LSD die Frau von Roman Polanski, die Schauspielerin Sharon Tate, bestialisch umbrachte. Diese Susan Atkins hatte sich im Zuchthaus zu Jesus bekehrt und ihre Geschichte aufgeschrieben. Und diese Lebensgeschichte gab mir Mut, daran zu glauben, dass Jesus auch all den Schmutz aus meinem Leben wegnehmen und mich neu machen würde.

Joe und ich heirateten und schlossen unseren Ehebund bewusst vor Gott, nachdem wir jeder für sich vor einem Zeugen eine Generalbeichte abgelegt hatten und Gott all unsere Sünden in die Tiefen des Meeres warf. Das ist am letzten Montag 27 Jahre her gewesen. Niemand aus unserer Familie und Bekanntenkreis hätte unserer Ehe mehr als 6 Wochen Bestand gegeben, was sie uns gegenüber später oft erwähnt haben. Aber was sie nicht sehen konnten, aber Joe und ich ganz deutlich wussten, war, dass Gott selbst in unseren Herzen, ganz tief drinnen, etwas Neues, etwas Übernatürliches, etwas, das nicht von unserer eigenen Kraft oder Möglichkeit abhing, begonnen hatte.

Wir gingen nach Emden, und dort ließ Gott uns einen Engel namens Aukje Meinema über den Weg laufen. Aukje brachte uns in diese Gemeinde. In den drei Jahren, die wir sie in Emden kannten, hat sie uns mehr als 1 Jahr lang 3 mal wöchentlich zur Gemeinde nach Leer abgeholt, das heißt., sie ist von Neermoor, wo sie wohnte, nach Emden gefahren, von Emden nach Leer, von Leer wieder nach Emden und anschließend nach Hause nach Neermoor, und das Samstagabends, Sonntagmorgens, und Montagabends. Und das, obwohl sie uns nicht immer angetroffen hat. Denn manchmal hatte ich überhaupt keine Lust, habe mich nicht bei ihr abgemeldet, sondern war einfach zur verabredeten Zeit nicht da, so dass sie ganz umsonst gefahren war. Doch das alles hat sie nicht entmutigt, noch ist sie jemals ärgerlich geworden. Sie hat uns wieder und wieder abgeholt und nach Hause gebracht, mich immer wieder ermutigt, doch in die Gemeinde zu kommen, gerade dann, wenn ich wieder einmal völlig entmutigt und am Boden zerstört durch meine Trink- und Kiffrückfälle nicht mehr kommen wollte. Ich hoffe, dass Gott ihr diesen Dienst reichlich belohnt. Andere Geschwister aus der Gemeinde  kamen jeden Mittwochabend von Leer nach Emden, um mit uns einen Hauskreis zu machen, also um in der Bibel zu lesen, uns darüber auszutauschen und vor allem auch für persönliche Dinge zu beten.

Gott hat diese Gemeinde und die Geschwister gebraucht, um mich heil zu machen. Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich in den Versammlungssaal kam, damals noch in dem Gebäude, wo heute das Missionswerk untergebracht ist, und als erstes den Schriftzug JESUS an der Wand sah. Mein erster Gedanke und das erste Gefühl, das ich verspürte war, hier ist Wahrheit. Und diese Gewissheit hat mich bis heute nicht verlassen. Hier ist JESUS und Jesus ist die Wahrheit. Und hier habe ich im Laufe der Zeit erlebt, dass das Wort Jesu: „Wen der Sohn frei machen wird, der ist wirklich frei“ wahr ist und für mich Wirklichkeit geworden ist.

Die Menschen hier strahlten klare Signale und Transparenz aus. Sie vermittelten mir sofort den Eindruck, dass das, was sie sagten und glaubten, übereinstimmte mit dem, wie sie lebten. Sie waren offen. Sie versteckten nichts. Es gab keine Diskrepanz zwischen gepredigter Glaubenstheorie und gelebter Glaubenspraxis. Und vor allem, es ging niemals um sie selbst, um ihre Eitelkeiten, um das, was sie wollten und für richtig hielten, es ging immer um Jesus und das, was Er gesagt und getan hat, und dass Er die Menschen liebt und retten möchte.

Wir haben Gottes Wort, wie es hier gepredigt wurde, wie ein Schwamm aufgesogen. Es waren vor allem folgende Wahrheiten:

  • Wenn wir unser Leben Jesus geben und Seine Vergebung annehmen, bekommen wir ein neues Leben, wir werden von neuem geboren.
  • Wenn wir dem, was Jesus sagt, vertrauen, sind wir eine neue Schöpfung. Das alte Leben ist vorbei, Neues ist geworden.
  • Gott nicht gegen uns wegen unserer Sucht, sondern mit uns gegen unsere Sucht.


Die Wahrheit des letzten Satz habe ich unendlich oft ausprobiert. Ich bin Montag- für Montagabend zum Abendmahl gekommen, um Jesus meine erneuten Trinkrückfälle im Gottesdienst zu bekennen (Ich fand, dass  es schon ein Riesenfortschritt war, wenn ich nur ein- bis zweimal pro Woche abends betrunken war). Jeden Montagabend empfand ich das Abendmahl wie ein Blutaustausch, mein alkoholisiertes Blut gegen sein reines. Und jedes Mal bekam der Gedanke mehr Raum, dass ich mit dem Trinken aufhören wollte. Gott fing an, mein Denken und Empfinden zu erneuern. Noch gab es viele Widerstände zu überwinden, einer war z.B. der Gedanke: Nur noch heute, nur noch einmal möchte ich in die Kneipe gehen und trinken. Ich will mich ja nicht betrinken, ich will nur ein Bier trinken. Sobald der Wirt meiner Stammkneipe mitbekommen hatte, dass ich mit dem Trinken aufhören wollte, bekam ich jedes Mal das erste Bier umsonst. Und es war, als ob nach dem ersten Schluck in meinem Gehirn ein Schalter umgelegt wurde, ich sah vor meinem inneren Auge, wie ich mich innerlich in einen diabolisch grinsenden Kobold verwandelte und ich wusste, die Entscheidung für heute war wieder einmal gefallen. Auch heute würde ich natürlich nicht nach dem ersten Glas Schluss machen, sondern mich betrinken. Dann wieder die Reue und das Schuldbekenntnis vor Jesus und die ernsthafte Bitte, dass Er mich davon frei machen möchte. Dann gab es gefährliche Klippen: Vor dem ersten Bier der Gedanke: „Na ja, und wenn du dich heute doch wieder betrinkst, du kannst ja morgen wieder zu Jesus gehen und um Vergebung bitten“. Und am nächsten Morgen dann solch ein schlechtes Gewissen, dass ich mich nicht mehr traute, damit zu Gott zu gehen, weil ich nicht mehr wusste, ob ich es denn mit Gott wirklich ernst meinte oder nicht, und auch daran zweifelte, dass Er mich überhaupt noch einmal anhören würde. Und Gott  mit seiner großen Liebe und Geduld schickte Geschwister, die mich wieder zurück in die Gemeinde zogen und hier hörte ich immer und immer wieder: Gott liebt den Sünder, er ist nicht enttäuscht über die Sünde, er kennt mich ja und wusste es vorher, dass ich so und nicht anders handeln würde. Aber ER will mich ändern, er kann mich ändern. Alles, was von meiner Seite aus kommen muss, ist die Bereitschaft, mich ändern zu lassen, nicht die Kraft, sondern nur das Vertrauen zu Jesus, dass Er es kann und Er es auch tun wird.

Gott ergriff manche flankierende Maßnahme: Zum Beispiel verleidete er mir meine Stammkneipe in Emden. Das war das damalige Sailors. Wenn es dort eine Prügelei gab und man die Polizei rief, dann kam sie gar nicht erst, sondern man erhielt zur Antwort, wer da rein geht, hat selber Schuld. Aber ich fühlte mich dort geborgen. Es war eben eine typische Alkoholikerkneipe, dunkel, rauchig, voller kaputter Leute. Aber Gott schob ein wenig den Schleier zur Seite. Wir hatten damals in unserer Wohnung einen christlichen Spruchkalender, und in diesem Monat stand da sinngemäß drauf: „Gott ist mit dir überall, wohin du gehst“. Ein Kommilitone von Joe hatte darunter geschrieben: „Aber nicht ins Sailors!“ Das hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht und ich fragte Gott: Ist das wohl wirklich wahr, du hast mich doch lieb, du hast doch in deinem Wort gesagt, dass du mich nicht verlassen noch versäumen willst“. Als ich an diesem Abend ins Sailors ging, empfand ich eine ganz veränderte Atmosphäre. Es war nichts vertraut-heimeliges mehr da, an der Wand hing ein großes schwarz-weißes Gemälde voller grässlichster Folterszenen, das ich bislang noch nie gesehen hatte, ich weiß heute noch nicht, ob dieses Bild schon immer da war, und ich es nur nie bemerkt hatte oder ob es erst an diesem Tag dort hingehängt wurde. Ein mir bislang harmlos vorkommender Stammgast an der Theke, der dort immer stand und der mir bisher nie besonders aufgefallen war, fiel mir jetzt auf, weil er ganz in schwarzes Leder gekleidet war, mit einer Peitsche in der Hand. Es war, als ob Gott mich hatte ein wenig hinter die Kulissen schauen lassen und mir zu verstehen gab: Dies hier ist der Wirkungsbereich der Finsternis, du als mein Kind gehörst dort nicht mehr hin. Es gibt dort für dich keine Wärme, es ist kein Ort, an dem du dich bergen kannst“.

Eine andere Erziehungsmaßnahme Gottes war, dass ich in den 3 Jahren in Emden 2 mal den Führerschein verlor, das erste Mal mit 2,22, das zweite Mal mit 1,76 Promille. Die ganzen Jahre vorher war ich immer unter Alkohol und Drogen gefahren und nie aufgefallen, aber jetzt, wo ich mich zu Jesus bekehrt hatte, wollte Gott es einfach nicht mehr zulassen, dass ich als sein Kind betrunken am Steuer saß.

Das, was meine verwundete Seele heilen und mein neurotisches Zwangs- und Suchtverhalten langsam ändern ließ, war, dass sowohl in den Predigten als auch in den persönlichen Seelsorgegesprächen mein Blick immer wieder darauf gerichtet wurde, dass Jesus mein altes Leben mit allen Sünden, die andere an mir getan und mich dadurch geschädigt hatten, und die ich selbst getan hatte, mit an Sein Kreuz von Golgatha genommen hat. Mein altes Leben hat dort ein Ende gefunden. Ich konnte das im Glauben für mich persönlich annehmen und es auch durch die Taufe öffentlich bezeugen. Mein altes Ich ist mit Jesus begraben, und ich bin mit Jesus als ein neuer Mensch auferstanden. Ich gehöre jetzt zu Jesus und zu seinem Reich, und nicht mehr in den Machtbereich der Finsternis. Jesus hat den Kampf gegen meine Liebe zur Sünde aufgenommen und schon längst für sich entschieden. Jesus ist stärker als jeder Suchtdruck, stärker als jede Zwangsneurose, Jesus in mir trinkt nicht, raucht nicht, hat keine Menschenfurcht. Das wurde und wird bis heute natürlich immer wieder auf die Probe gestellt, es ist immer wieder neu meine Entscheidung gefragt: Gebe ich meinem Gefühl nach, dass mir sagt, du kannst jetzt gar nicht anders als zu trinken oder aber fliehe ich zu Jesus und sage: Jesus in mir trinkt nicht, mein altes Ich ist tot, hat demzufolge gar nichts mehr zu sagen. Die Entscheidung, gegen mein Gefühl zu handeln, fällt natürlich umso leichter, je länger und je mehr ich mit Jesus lebe, sein Wort verinnerliche und dadurch Seine Wunder in meinem Leben erfahre.

Ein kurzes Beispiel für Gottes Treue, der in jeder Situation die Oberhand behält, war für mich folgende Begebenheit: Ich hatte den Eindruck, dass Gott wollte, dass ich in der Montagsabendsversammlung ein Lied vorsingen sollte. Unmöglich, mit meiner Menschenfurcht! Allein der Gedanke daran verursachte in mir schon eine trockene Kehle und einen dicken Kloß im Hals. Dann der Gedanke: Vertraust du Gott, der in Seinem Wort sagt, dass Seine Kraft in dem Schwachen mächtig ist“ und machst das jetzt einfach auf die Gefahr hin, dich zu blamieren oder aber gehorchst du deiner Phobie. Ich entschloss mich also, die Probe aufs Exempel zu machen und informierte Werner kurz vorher, dass ich in dem Gottesdienst ein Lied vorsingen wollte. Er wollte mir dann Bescheid geben, wenn es soweit wäre. Den ganzen Gottesdienst über bin ich fast gestorben. Ich konnte gar nicht mehr richtig atmen. Meine Hände waren schneeweiß und nicht mehr durchblutet. Mein einziger Gedanke war, du musst Werner jetzt sagen, dass du das nicht mehr tust. Aber es war zu spät, Werner kündigte mich an. Ich dachte, ich würde ohnmächtig. Und dann sandte Gott einen Engel! Auf einmal stand ein junger Mann auf, leicht alkoholisiert, der bis dahin noch nie in unserer Versammlung gewesen war, und zündete sich eine Zigarette an. Natürlich war die ganze Aufmerksamkeit der Gemeinde mit einem Schlag auf ihn gerichtet und die nachfolgende kurze Auseinandersetzung zwischen ihm und Werner. Der unerträglich auf mir lastende Druck fiel ab und ich konnte hinterher ganz unbefangen singen. Ich könnt euch gar nicht vorstellen, wie dankbar ich Gott für diesen rauchenden Engel war! Ich war bestimmt die einzige in der Versammlung, die diesen Vorfall so positiv interpretiert hat! Das Entscheidende, das ich aus diesem Vorfall gelernt habe, ist die Erfahrung, die auch Petrus gemacht hat. Wenn Jesus sagt, steige aus dem Boot und geh auf dem Wasser, dann hilft ER dir auch in dem Moment, wo du vor lauter Angst zu ertrinken drohst!

Mit den Erfahrungen als Kind einer Alkoholikerin einerseits und als selbst Drogen- und Alkoholsüchtige andererseits, sehe ich heute in der Sucht keinen Unterschied zu anderen Sünden wie zum Beispiel Habgier oder Eigensucht oder anderes. Die materiellen Süchte sind für mich lediglich sichtbarere Sünden als zum Beispiel Neid, Eifersucht, Geiz, Ruhm- oder Geltungssucht, die auch alle Ausdruck eines Egos sind, das sich sein Bedürfnis nach Liebe, Anerkennung und Annahme mit ungeeigneten Methoden, die den anderen verletzen, zu stillen versucht. Auf der anderen Seite entnehme ich den Aussagen der Bibel, dass jede Sünde in Gottes Augen Krankheit ist. Eine Krankheit, die er therapiert durch Seine Liebe zu uns, Seine Vergebungsbereitschaft, die nie aufhört, Seine Langmut und Geduld. Der Prophet Jesaja prophezeite, dass Jesus kommen würde als ein Mann der Schmerzen, mit Leiden vertraut. Er würde kommen, um unsere Leiden und unsere Schmerzen auf sich zu nehmen. Die Menschen glaubten, dass Gott ihn geschlagen und niedergebeugt hätte, doch er war durchbohrt um unserer Vergehungen willen, zerschlagen um unserer Sünde willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserem Frieden und durch Seine Wunden sind wir geheilt.

Der Tod Jesu am Kreuz von Golgatha ist   d a s   Therapeutikum sowohl für mich als Opfer als auch für mich als Täter. Als Täter kann ich immer zu Jesus kommen, um ihm meine Sucht und Sünde zu bekennen, um Seine Vergebung zu empfangen und Kraft, wieder neu anzufangen und Sein Leben sich entfalten zu lassen. Als Opfer kann ich auch immer zu Jesus kommen, und sehen, wie Er sich hat foltern lassen, als Unschuldiger. Dort beim Nachdenken über seine Wunden wird all mein Schreien nach Rache, nach Vergeltung leise, all meine Trauer über die Vergangenheit und mein Selbstmitleid weniger, mein Bedürfnis nach Gerechtigkeit und meine Sehnsucht nach Heilung erfüllt.

Unser aller Leben ist ein unentwirrbares Knäuel fremder und eigener Schuld, das wir nicht entwirren können, weder durch Verdrängung, noch durch Relativierung oder Entschuldigungen. Trotzdem darf fremde und eigene Schuld  nicht im Verborgenen bleiben, wir müssen sie ans Licht bringen, zusammen mit einem vertrauenswürdigen Bruder, einer vertrauenswürdigen Schwester, die sich der Gegenwart Gottes und Seiner heilenden Kraft bewusst sind.

Der Psychiater und ehemalige Leiter der Klinik Hohe Mark Arthur Mader sagt in seinem Buch „Hören, Schweigen, Helfen“: „Ahnen wir, welch ein Segen von einem einzigen Menschen ausgehen kann, der es gelernt hat, zurückzutreten, Wünsche und Empfindlichkeiten aufzugeben, um an das Wohl anderer zu denken? Wir brauchen gereifte Christen, Väter und Mütter; Menschen, die Gottes Güte, Wärme und Verstehen ausstrahlen; die die Schuld und Nöte der anderen abfangen und zu Christus tragen. Wir brauchen gereifte Christen, deren Leben von der Nähe der Ewigkeit geprägt ist.“ Solche Christen habe ich in dieser Gemeinde angetroffen, und zu solch einem Christen möchte ich auch werden!

Als Christin lebe ich heute als jemand, in dem 2 Naturen zu Hause sind. Auf der einen Seite gibt es meine alte, menschliche Natur, die immer noch ein süchtiger, verletzter Mensch ist, dessen Sucht sich auf viele verschiedene Arten ausdrücken kann und auch immer wieder versucht, sich Bahn zu brechen. Wenn ich mich auch wahrscheinlich niemals mehr betrinken und auch keine Zigarette mehr rauchen werde, könnte ich doch ohne weiteres fernsehsüchtig, geltungssüchtig, spielsüchtig, herrschsüchtig und was weiß ich noch alles, werden. Die Palette ist groß. Meine angeborene Ichsucht wird sich auf jeden Fall wieder Bahn brechen. Deswegen verschwende ich auch keine Zeit und Energie mehr darauf, den alten kranken, süchtigen Menschen zu verändern. Statt dessen ist das Vertrauen auf Jesus, auf das, was ER getan hat, meine Chance, den Einfluss des süchtigen, verletzten Menschen auf mein heutiges Denken, Fühlen und Handeln zu stoppen. So wird auf der anderen Seite die neue, übernatürliche Natur, das Leben Jesu in mir immer mehr ausgebreitet, so dass schließlich, wie es in einem alten Lied heißt: „in Wort und Werk und allem Wesen nur Jesus, und sonst nichts zu lesen“ sein wird.

Das ist mein Ziel. Auf diesem Weg, der JESUS heißt und JESUS ist, bin ich. Auf diesem Weg können mich die Krakenarme der Sucht nicht mehr erreichen.

Zum Schluss möchte ich all denjenigen antworten, die mir vorhalten, dass ich anstelle der Drogen nun auf einem „Jesus-Trip“  und einer Gehirnwäsche unterlegen bin. Ihnen stimme ich nur zu gerne zu, denn: Die Bibel vergleicht einmal das Reden Gottes mit reinigendem Wasser. Da, wo in meinem früheren Leben mein Gehirn, mein Denken, Fühlen und Wollen mit einer trüben Brühe aus Nikotin, Alkohol und Drogen verseucht war, ist nun durch das Vertrauen und Eingehen auf Gottes Wort, alles hell und rein und klar gewaschen worden. Früher kannte ich nur die Finsternis, heute kenne ich sowohl die Finsternis als auch das Licht und heute bin ich frei, mich jeden Tag wieder neu zu entscheiden: Finsternis oder Licht?

Dagmar